Sergio Lukovic und Bennet Eicke inszenieren und instrumentieren das „Weiße Rössl“ für die Seebühne Kriebstein und geben so der Geschichte des bald einhundertjährigen Singspiels eine moderne Note. Foto: Detlev Müller, MiT

Mal brachial-lustig, mal dezent-ironisch – das „Weiße Rössl“ am Kriebsteinsee bot zur zweiten Premiere am Samstag alles, was gute Unterhaltung ausmacht. Die Aufführung begann mit Touristen, die zur Ouvertüre sonnenbebrillt einliefen und sofort für gute Laune sorgten. Danach erschien schon Leopold (Frank Unger). Schwungvoll nahm er mit seinem Klappfahrrad die Kurve vor der Bühne. Kenner des klappbaren Drahtesels dachten gleich an Sangerhausen, die Produktionsstätte des Klapprads zu DDR-Zeiten. Und weil eine Prise (N)Ostalgie nicht schadet, wurde der Rechtsstreit zwischen dem Unternehmer Giesecke (Holger Thews) und dem Fabrikantensohn Sigismund kurzerhand aus der Haarwuchsmittelbranche ins Unterwäschegeschäft verlegt, denn in Sangerhausen wurden früher auch mal Tricotagen fabriziert. 

Oberkellner Leopold liebt die Wirtin Josepha

Oberkellner Leopold liebt seine Chefin, die Wirtin des Weißen Rössl, Foto: Detlev Müller, MiT

Auftritt Josepha (Jana Büchner): Sie kam klimafreundlich mit dem Lastenrad. Überhaupt waren die Verkehrsmittel durchdacht gewählt. Das gelbe Postboot beförderte Kathi, wunderbar im authentischen Dialekt gesungen und gespielt von Domenica Radlmaier. Der schöne Sigismund Sülzheimer  (Fabian Vogt) reiste mit einem roten Boot an, das an den roten Hubschrauber aus dem 60er Jahre-Film erinnerte. Der Kaiser (herrlich schrullig: Frank Blees) reiste im zum Dampfer umgerüsteten Tretboot an, Leopold fuhr Jetski – elektrisch oder mit Ruder, weil die Batterie leer war. Die überdimensionierte Steckdose aus dem Figaro feierte übrigens ein Comeback als Aufladestation für Hybridwasserfahrzeuge. 

Die Steckdose aus dem Figaro

Die Steckdose aus dem Figaro, Foto: Elke Hussel

Was dem österreichischen Kaiser sein Salzkammergut war übrigens dem deutschen Pendant sein Kaiserbad auf Usedom. Und so schwärmte der Berliner Giesecke mitten in den Bergen die ganze Zeit von Ahlbeck.

Apropos Berge: Im wunderbaren Bühnenbild von Tilo Staudte gibt’s eine Hoteldachterrasse für Yogis, die zu „Es muss was Wunderbares sein“ kabarettistische Yoga-Figuren vorführten. Überhaupt klappte die Verzahnung von Musik und Bewegung auf der Bühne perfekt. Die sechs Tänzer wechselten die Tanzstile so schnell wie ihre Schürzen. Uni oder gepunktet, rote Rüschen oder hellblau alpenländisch. Walzer, Spitzentanz, Tango, Jive, Schuhplattler und Watschentanz steigerten das Operettenvergnügen, manchmal sogar quer durch eine einzige Musiknummer. Und als der Kaiser angekündigt wurde, sang Leopold „Warum hast du nicht NEIN gesagt“, DEN Schlager-Hit von Roland Kaiser. Einer von vielen spaßigen Momenten. Die Tanzeinlagen mit Badeente, Haifischschwimmring und Schwimmflossen von Natalie Heiß (Klärchen) und Fabian Vogt wurden witzig choreografiert und trotz abendlicher Kälte mit einem Lächeln serviert.

Dr. Siedler und Ottilie

Hans Kittelmann als Dr. Siedler und Marina Medvedeva als Ottilie Giesecke kommen sich näher. Foto: Detlev Müller, MiT

Bennet Eicke hatte nicht nur die musikalische Leitung, sondern die Kriebsteinfassung auch neu instrumentiert und mit eigenen Einfällen aufgepeppt. Und damit das Weiße Rössl zu einem mittelsächsischen Highlight gemacht. Wie sagte der Kaiser? „Es war sehr schön. Es hat mich sehr gefreut!“

Klärchen und Sigismund

Klärchen und der schöne Sigismund sind das dritte glückliche Paar. Foto: Detlev Müller, MiT