Boris Schwiebert als Herr Taschenbier und Cornelia Wöß als Sams. Bild: MiT/D. Müller

Das Mittelsächsische Theater zeigt am Freiberger Haus ‚Eine Woche voller Samstage‘ als lebendige Familieninszenierung voller Tempo, Humor und feiner, poetischer Tiefe

Das Sams ist ein Klassiker deutscher Kinderliteratur. Paul Maar schrieb und illustrierte 1973 sein erstes Sams-Buch, es folgten weitere Bände, Verfilmungen, ein Musical, eine Bearbeitung für die Augsburger Puppenkiste und zahlreiche Theateradaptionen. Nun fand der Stoff den Weg auf die Freiberger Theaterbühne, wo er in einer nachmittäglichen Premiere im gut besuchten Haus aufgeführt wurde.

Mit „Eine Woche voller Samstage“ gelingt dem Regisseur Peter Kube eine echte Familieninszenierung. Was zunächst wie ein vergnügliches Kinderabenteuer beginnt, entwickelt sich zu einem Gedankenspiel über Freiheit, Übermut und die alltäglichen kleinen Wagnisse. Kube selbst geht mit künstlerischem Beispiel voran, er inszeniert den Stoff frei und übermütig, ohne die Sams-Tonalität zu verlieren.

In einer Mischung aus anarchischer Energie und entwaffnender Direktheit gestaltet Cornelia Wöß die Hauptfigur. Das Sams ist kein Clown, sondern eine Figur, die Unfug erfrischend auslebt; ein ungebändigter Kern aus Neugier, Lebensfreude und Störungslust – aber eben auch ein Wesen, das sieht, wo jemand einen Schubs braucht. Ihr Timing ist präzise, ihr Körpereinsatz Hochleistungssport. Voller Humor und Sprachrhythmus trägt sie die Inszenierung mit einer Präsenz, die zugleich lustvoll, klug und bemerkenswert souverän wirkt. 

Boris Schwiebert gibt Herrn Taschenbier als stillen Alltagsmenschen, der sich seine eigene Welt vorsichtig zurechtgelegt hat. In der Wandlung vom unsicheren Untermieter mit perfektem Schnürsenkelsitz zum selbstbewussten Unterhemdträger liefert Schwiebert den emotionalen Gegenpol zum Sams. Für die Jüngsten im Publikum geht das manchmal ein bisschen schnell. Auch die Übergänge zwischen den Szenen sind temporeich, während ein Wolkenvorhang die Szenerie schon für den Umbau verdeckt, wird der Moment als Gesang oder Sprechreim noch zu Ende geführt. Was für Eltern und Großeltern kurzweilig den Schwung erhält, ist für Fünfjährige (Altersempfehlung des Theaters) anspruchsvoll.

Das Ensemble stellt sich in den Dienst der Inszenierung. Natalie Renaud setzt als Frau Rotkohl klare comic relief-Akzente voller Leichtigkeit. Ihre Dominanz über Herrn Taschenbier kann man als Schwärmerei für ihren Mieter deuten. Marie Wolff überzeugt in ihren Mehrfachrollen mit präzise gebauten Figuren, Spielfreude und Wandelbarkeit. Fabian Vogt zeigt eine beeindruckende Rollenvielfalt: vom schmucklosen Kaufhausverkäufer über eine erstaunlich elegante Primaballerina im Tütü bis zum Firmenboss Oberstein mit Schweizer Akzent. Mit körperbetontem Spiel und wacher Agilität fängt er die Nebenhandlungen auf und verleiht dem Abend rhythmische Lebendigkeit und zusätzliches Tempo.

Besonders gelungen ist die Ausstattung von Anne Konstanze Lahr. Eine poetisch reduzierte Bühne deutet Räume an, anstatt sie auszubuchstabieren. Bücher sind an die Wand gemalt, ein aus der Wand wachsendes Schreibtischfragment wird zum Büro. Die visuelle Klarheit hält das Geschehen fokussiert. 

Kube setzt stark auf Rhythmus: auf präzise gesetzte Pausen, auf überraschende Brüche, auf den Mut zur Stille. Gerade die leisen Momente – Taschbiers Unsicherheit, der kurze Abschied – tragen das Stück. Hier beweist die Inszenierung Tiefe, ohne das Kinderpublikum zu überfordern. Die Wunschpunkte dienen nicht als bloße Effektmaschine, sondern als dramaturgischer Motor: Jeder Wunsch rückt die Figuren näher an das eigentliche Thema heran – die Frage, wie viel Freiheit man sich selbst zugesteht.

Dass dabei Humor, Charme und Spiellust so unangestrengt zusammenfinden, macht diese Produktion zu einer starken Familieninszenierung. Paul Maar, der Präzisionspoet, hätte seine Freude daran gehabt.

Weitere Aufführungen sind zwischen 20.11.25 und 09.01.26 im Freiberger Theater und als Sommerstück im Schlosshof zu sehen.

Cornelia Wöß und Fabian Vogt. Sams

Cornelia Wöß und Fabian Vogt versprühten auch beim Fototermin gute Laune.

Bild: Elke Hussel

Herr Taschenbier zwischen Samsanarchie und Rotkohlbürgerlichkeit.

Herr Taschenbier zwischen Sams-Anarchie und Rotkohl-Bürgerlichkeit.

Bild: MiT / D. Müller

Schlussapplaus SAMS

Der Regisseur Peter Kube (3.v.l.)

Bild: Elke Hussel